Der europäische Einigungsprozess wirkt sich zunehmend und zwischenzeitlich für jedermann spürbar auf alle Lebensbereiche, insbesondere auch auf rechtliche und wirtschaftliche Beziehungen zwischen den Marktteilnehmern aus. Im Zuge der Liberalisierung und Europäisierung der wettbewerbsrechtlichen Gegebenheiten trat am 08.07.2004 das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG), dessen Wurzeln bis auf den Anfang des vergangenen Jahrhunderts zurückgehen, in veränderter Form in Kraft. Dieses enthält zahlreiche Änderungen und Neuregelungen.

Das UWG stellt gewissermaßen die „Spielregeln des Wettbewerbs“ auf.

Jeder Unternehmer, der an sich den Anspruch stellt, in rechtlich zulässiger Weise seinen Auftritt im Geschäftsverkehr zu optimieren, sollte die neuen Regelungen deshalb ebenso kennen, wie die Verbraucher, welche als Marktteilnehmer gleichfalls eine beachtenswerte Rechtsposition und eine für das Funktionieren des Marktes unverzichtbare Rolle innehaben.

In das neue Gesetz sind insbesondere Normierungen und Richtlinien des Europäischen Gemeinschaftsrechts, Verbraucherschutzinteressen sowie die Rechtsprechung europäischer und nationaler Gerichte eingeflossen.

Das aktuelle UWG beginnt zunächst mit einer Generalklausel nach der unlautere Wettbewerbshandlungen unzulässig sind, die geeignet sind, den Wettbewerb zum Nachteil der Mitbewerber, der Verbraucher oder der sonstigen Marktteilnehmer nicht nur unerheblich zu beeinträchtigen. Neu im nunmehr geltenden Wettbewerbsrecht ist, dass das Gesetz einzelne – jedoch nicht abschließende – Beispieltatbestände der unlauteren Wettbewerbshandlungen enthält. Neben den im Gesetz genannten Regelbeispielen kommen sonstige wettbewerbswidrige Handlungen in Betracht, bezüglich derer bereits eine umfangreiche Rechtsprechung besteht, die sich zukünftig fortentwickeln wird.

Das neue UWG enthält insbesondere folgende wesentliche Änderungen und Neuregelungen:

Sonderveranstaltungen, Sonderangebote und Räumungsverkäufe

Das frühere Verbot von Sonderveranstaltungen wurde aufgehoben. Sonderverkäufe jeglicher Art sind damit grundsätzlich zulässig – soweit nicht gegen andere Tatbestände des neuen Wettbewerbsrechts verstoßen wird. Werbeaktionen wie „auf alle Sommersachen 30 % Preisnachlass“ sind damit unproblematisch möglich, sofern tatsächlich entsprechende Nachlässe auf alle Waren gewährt werden.

Auch die bisherigen Regelungen zu Räumungsverkäufen wurden im neuen Gesetz aufgehoben. Deshalb sind nunmehr verschiedene Arten des Räumungsverkaufs zulässig, welche allerdings an den sonstigen Vorschriften des UWG, insbesondere dem Irreführungsverbot zu messen sind. Wird beispielsweise im Hinblick auf einen Räumungsverkauf mit „totaler Geschäftsaufgabe“ geworben, darf das Geschäft auch nicht weitergeführt werden.

Neue Regeln für Telefon-, Fax- und E-Mail-Werbung

Telefonwerbung gegenüber Verbrauchern ist nur mit deren Einwilligung erlaubt. E-Mail-Werbung darf grundsätzlich nur mit Einwilligung der Adressaten, unabhängig ob es sich um Verbraucher oder Unternehmer handelt, versandt werden. Unter gewissen Voraussetzungen sind Ausnahmen denkbar, sofern der Empfänger bereits Kunde des Werbenden ist.

Gewinnspiele, Verlosungen, Preisausschreiben

Die Teilnahmebedingungen müssen sich aus der Werbung selbst ergeben, die Gewinnchancen sind realistisch anzugeben. Unlauter ist es, die Teilnahme an einem Preisausschreiben oder Gewinnspiel von dem Erwerb einer Ware oder der Inanspruchnahme einer Dienstleistung abhängig machen. Eine Unlauterkeit kommt auch in Betracht, wenn zur Teilnahme an derartigen Angeboten eine Telefonnummer angerufen werden muss, die teurer ist, als normale Postkarten bzw. Telefongespräche.

Verbot von sogenannten Mondpreisen

Es ist irreführend, mit der Herabsetzung eines Preises zu werben, wenn der höhere Preis zuvor nur für einen kurzen Zeitraum gefordert wurde. Werbung wie „früher 119,00 €, jetzt nur 89,00 €“ kann deshalb nur erfolgen, wenn die Ware tatsächlich längere Zeit zum vormaligen Preis angeboten wurde.

Verbot von Lockvogelwerbung

Als günstig beworbene Waren müssen  in angemessener Menge vorhanden sein. Regelmäßig ist eine Mindestvorratsfrist von 2 Tagen vorgesehen, wenn in der Tagespresse geworben wird. Bei Sonderverkäufen mittels Ankündigung in Prospekten sollte regelmäßig eine Verfügbarkeit von 1 Woche, bei Katalogen von mindestens 1 Monat möglich sein. Kann der Verkäufer nicht auf genügend Waren zurückgreifen, muss er dies in der Werbung deutlich machen, beispielsweise durch den Begriff „Restposten“.

Werbung mit Rabatten oder Zugaben

Werden Rabatte oder Zugaben unter einer Bedingung gewährt (z.B. Mindesteinkaufswert) sind die entsprechenden Angaben im Angebot aufzuführen.

Die zulässigen Möglichkeiten des Auftretens im Geschäftsverkehr sind ebenso vielgestaltig wie bestehende Verbote.

Neben den exemplarisch aufgeführten Punkten müssen es auch das generelle Irreführungsverbot, das Verbot unsachlicher Einflussnahme auf Kunden durch Nötigung, Täuschung, übertriebenes Anlocken, Ausnutzen der Spiellust oder Gefühlsausnutzung, das Transparenzgebot, die Vorschriften zu vergleichender Werbung, das Verbot belästigender Werbung oder das Verbot des Ausnutzens der Unerfahrenheit und Leichtgläubigkeit, Angst sowie Zwangslagen, insbesondere von Kindern, Jugendlichen und älteren Menschen beachtet werden. Anderenfalls kann dies einem Unternehmen teuer zu stehen kommen.

Wettbewerbern ist es nämlich möglich, die ihnen gegebenenfalls zustehenden Unterlassungs-, Beseitigungs- und Schadenersatzansprüche durchzusetzen und regelmäßig auch außergerichtlich zunächst ein Abmahnungsschreiben mit Unterwerfung fertigen zu lassen. Im Falle einer berechtigten Abmahnung gewährt das Gesetz einen Anspruch auf Aufwendungsersatz – insbesondere den Anspruch auf Übernahme der entstandenen Rechtsanwaltskosten.

Bei bestimmten gravierenden Wettbewerbsverstößen – auch in Werbungsfällen – kommt darüber hinaus eine Strafbarkeit (Geld- oder Freiheitsstrafe) in Betracht.

Neu in das UWG wurde zudem ein Gewinnabschöpfungsanspruch aufgenommen. Bei bestimmten wettbewerbsrechtlichen Verstößen muss der durch unlautere Wettbewerbshandlungen erzielte Gewinn herausgegeben werden. Dieser fließt dem Bundeshaushalt zu.

In Anbetracht der Vielfältigkeit des geltenden Wettbewerbsrechts, welches aufgrund der Liberalisierung neue Chancen für Unternehmen eröffnet, andererseits allerdings auch erhebliche Risiken in sich bergen kann, sollte in Zweifelsfällen und bei der grundsätzlichen Ausrichtung der Werbestrategie eines Unternehmens stets fachkundiger Rat eingeholt werden. Auch Mitbewerbern und Verbrauchern ist anzuraten, sich bei Wettbewerbsverstößen über die ihnen zustehenden Rechte zu informieren, um wirtschaftliche Nachteile zu vermeiden.

Alexander Troll

Rechtsanwalt und

Fachanwalt für Erbrecht

Fachanwalt für Familienrecht

Wirtschaftsjurist (Univ. Bayreuth)

Zulassung ruht gemäß § 47 BRAO

Sozius der Rechtsanwälte Alexander Troll & Ivo Sieber